Mehr hilft nicht mehr
Oft sind es sogenannte Zivilisationskrankheiten, die durch zu wenig Bewegung, ungesunde Ernährung und Stress begünstigt werden. Auffällig sei auch, dass die Gesellschaft sich in zwei Teile teilt: Der eine Teil pflegt einen aktiven Lebensstil, der Andere nutzt jeden Vorwand, um keinen Sport treiben zu müssen. Nicht mal jeder Dritte schafft es, mehr als eine halbe Stunde Bewegung in den Alltag zu integrieren.
Mehr hilft nicht mehr
Laut dem TK-Gesundheitsreport erhält jeder Medikamente für rund 250 Tage im Jahr.
"Die Dosis macht das Gift", predigte der Schweizer Arzt Paracelsus. Mehr Medikamente helfen jedoch nicht automatisch mehr. Dennoch erhalten Erwerbstätige in Deutschland Arzneimittel für mehr als zwei von drei Tagen im Jahr auf Rezept. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK). Männer bekommen statistisch gesehen mit 252 Tagesdosen, also der empfohlenen Einnahme eines Präparats pro Tag, sogar mehr als Frauen: Sie erhielten im vergangenen Jahr durchschnittlich 245 Einheiten verschrieben.
"Es wird oft darüber gesprochen, dass Frauen mehr krankgeschrieben sind als Männer", erklärt Gudrun Ahlers von der TK. Das sei zwar richtig, gibt Ahlers zu und gleichzeitig zu bedenken: "Die Arzneimitteldaten zeigen aber, dass Männer nicht weniger krank sein müssen. Sie bekommen insbesondere bei Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes deutlich mehr Medikamente verschrieben als Frauen." So machen bei männlichen Patienten 45 Prozent des gesamten Arzneimittelvolumens Herz-Kreislauf-Präparate aus, weitere 16 Prozent sind Medikamente für Stoffwechselstörungen. Bei Frauen ist dagegen lediglich ein Viertel von Arzneimitteln zur Behandlung von Herz- und Kreislauf-Erkrankungen, 13 Prozent sollen bei Stoffwechselstörungen helfen. Allerdings entfällt mehr als ein Zehntel des Volumens für weibliche Patienten auf das Nervensystem, besonders auf Antidepressiva. Bei Männern machen diese Präparate lediglich sieben Prozent aus.
"Krankschreibungen sind nur die eine Seite der Medaille. Gerade Zivilisationskrankheiten fallen bei den Fehlzeiten nicht immer auf, gehen aber oft mit einem hohen Arzneimittelbedarf einher und erhöhen das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte", deutet Ahlers den TK-Report. Auffällig sei, dass besonders bei jungen Männern ab 30 Jahren ein Drittel der Pillen für das Herz sind. Laut dem Gesundheitsreport werden viele der Zivilisationskrankheiten durch einen ungesunden Lebensstil begünstigt. Ahlers bestätigt: "Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung, Stress, Rauchen sind Risikofaktoren für Bluthochdruck, Diabetes und Co. Hier kann jeder Einzelne viel für seine Gesundheit tun. Dann ließe sich auch der Arzneimittelbedarf reduzieren."
Für den Gesundheitsreport 2016 wertete die TK die Krankschreibungen und Arzneimittelverordnungen von 4,6 Millionen erwerbstätigen Mitgliedern der Krankenkasse aus. Dazu zählen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte genauso wie Empfänger von Arbeitslosengeld. Eine aktuelle Bewegungsstudie der Kasse zeigt ferner, dass sich die Bundesrepublik in der Mitte in Bewegungsmuffel und Fitness-Fans teilt: Für viele Menschen ist ein aktiver Lebensstil, also die digitale Selbstvermessung, so selbstverständlich wie Zähneputzen. Die andere Hälfte nutzt die moderne Technik dagegen als Vorwand dafür, nicht mehr selbst Sport treiben zu müssen. Laut der TK-Bewegungsstudie schafft es nicht mal jeder Dritte, im Alltag eine halbe Stunde Bewegung einzubauen.
NUR / physio.de